Export und Zollpraxis kompakt
Beim Versand schon an die Retourenabwicklung denken?
Schrei vor Glück oder schick’s zurück
Text: Volker Struppek | Foto (Header): © Вадим Пастух – stock.adobe.com
Mit dem florierenden Online-Handel aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie werden mehr und mehr Produkte bestellt, wodurch sich im Umkehrschluss auch die Zahl der Rücksendungen als Retoure massiv erhöht. Daher sollte bereits im Vorfeld des Versands über die notwendigen zoll- und umsatzsteuerlichen Vorgaben nachgedacht werden. Insbesondere beim Versand in die Schweiz und nach Großbritannien gibt es einiges für Versender zu beachten – ein Erfahrungsbericht
Auszug aus:
Zoll.Export
Ausgabe April 2021
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INHALTE DES BEITRAGS
DDP Lieferungen sparen Frust
Physischer Versand ins Drittland
Fazit
Wenn man Corona etwas Gutes abgewinnen möchte, kommt man unweigerlich zum Thema Online-Shopping. Firmen, die meilenweit von diesem Vertriebsweg entfernt waren, haben sich sehr rasch angenähert. Mit dem Erfolg kommen neue Märkte in Drittländern wie der Schweiz und neu auch Großbritannien (GB) dazu. Im Gegensatz zum EU-weiten Versand gilt es dabei eine Vielzahl weiterer Regularien zu erfüllen.
Mein Arbeitgeber ist schon seit Jahrzehnen im Online-Vertrieb engagiert, wir verkaufen DVDs, die nach der Öffnung der Verpackung nicht zurückgegeben werden können. Das zweite Standbein ist der Verkauf von Kaffeemaschinenentkalker. Laufen die Flaschen nach Versand nicht aus, kommen keine Retouren. Das ist mein Bezug zum Online-Handel.
In einer weiteren Sparte haben wir eine Zollagentur, die sich sehr viel mit dem Versand von Online-Bestellungen in Drittländer (weltweit) und deren Retouren befasst, hiervon resultiert die Affinität zum Zollwesen.
Da nicht jeder von Ihnen im DVD- oder Entkalkermarkt tätig ist, kommt das Thema Retouren zwangsweise auf Sie zu. Die gezeigten Beispiele mögen nicht direkt auf Sie zutreffen, man kann aber für sich einiges ableiten. Grundsätzlich gilt es, Retouren zu vermeiden! Im Handel mit der Schweiz ist da auf jeden Fall die Art der Werbung sehr entscheidend.
Der Schweizer Kunde verlässt sich auf Ihre Artikelbeschreibung, er lebt in einem Hochpreisland und sucht deshalb nicht das Billigste, sondern das Preiswerteste. Qualität hat ihren Preis, und den bezahlt er auch gerne.
Der britische Kunde legt Wert auf sehr hohen Service und gegenseitiges Vertrauen, was man mit großzügigen Rücknahmeangeboten erreichen kann. Beliebte Artikel im Vereinigten Königreich sind Kleider und Schuhe, gefolgt von Büchern und Unterhaltungselektronik. In der Schweiz liegt die Unterhaltungselektronik vor Fashion, Lebensmitteln und Möbeln. In GB gibt es ein Rückgaberecht das analog (nur 7 Werktage) zu dem in der Europäischen Union (EU) ist, die Schweiz hingegen verlangt bei B2C Verkäufen eine Umstellung auf das Schweizer Recht.
Schweizer Recht
Sollten Sie explizit Waren für Schweizer Kunden anbieten, unterwerfen Sie sich automatisch dem Schweizer Recht. Der Vorteil ist, dass es kein zwingendes Widerrufsrecht gibt. Nachteile sind die Anforderungen an die Schweizer Verbraucherschutzvorschriften. Sie können sich also zur Vermeidung von Retouren, zumindest in der Schweiz, auf das Recht berufen. Ob das die Kunden dann aber dauerhaft an Ihren Shop bindet, ist fraglich. Falls Sie über einen großen Online-Händler und dessen Channels anbieten, verlangen diese eine Rücknahmegarantie.
Wenn wir grenzüberschreitende Projekte mit Kunden beginnen, fragen wir die Prozessschritte ab. Sie müssen selbst wissen, was Sie in welcher Qualitätsstufe, zu welchen Preisen anbieten.
Die Texte im Online-Shop sollten aber bei .ch und .gb Domainendungen „helvetisiert“ oder „britannisiert“ werden. So ist z. B. ein Müsli eine kleine Maus und ein Müesli ein Frühstück aus Getreideflocken. Und ein Rare Steak unterscheidet sich von Bloody Steak erheblich.
Dann prüfen wir, ob die folgenden Nummern vorhanden sind: Die EORI-Nummer und neu auch die REX-Zulassung für den Handel mit GB (auch CA, JP). Gibt es Vorlieferantenerklärungen oder Präferenzkalkulationen? Sind Artikelunterlagen in den Landessprachen verfasst?
Bevor wir in den Export einsteigen, suchen wir das Gespräch mit dem Binnenzollamt, welches später für die Rückwaren zuständig ist. Hier gelten für fast jedes Zollamt eigene Regeln, was die Akzeptanz im Versand von Rückwaren betrifft. So haben wir Schuhe, die zwar mehrfach verkauft werden, wir müssen aber über die Ausfuhr explizit nachweisen, welcher Schuh in welcher Ausfuhrlieferung war. Hier ist Bezug zu den Lieferscheinen herzustellen, da die Artikelnummer alleine nicht ausreicht.
Bei Kosmetika hingegen lag das Problem in den limitierten Texten auf der Ausfuhr. Was früher eine Nachtcreme war, hat heute mindestens 50 Zeichen zur Beschreibung. Hier konnten wir mit dem Zoll erreichen, dass die Artikelnummer mit Bezug zu einer Lieferliste ausreicht. Sprechen Sie am besten vorab mit dem Zoll!
Danach gehen wir an die Angebote für die Drittlandkunden. Wenn Sie Angebote in Drittlandwährung (CHF-Preisangabe nach CH-Recht verpflichtend) machen, denken Sie an die volatilen Wechselkurse, nehmen Sie aber auch keine Fantasieumtauschkurse. Vergessen Sie Paypal- oder Kartengebühren für Währungen nicht. Schweizer Kunden schauen sehr genau auf den deutschen Seiten nach, was der Artikel dort kostet.
Sagen Sie Ihrem Kunden, was es wirklich kostet. Liefern Sie DDP:
Bestellungen aus Fernost führten bereits das ein oder andere Mal zur Auseinandersetzung mit dem Binnenzollamt. Lange Wartezeiten, Papiere vergessen und nochmals gekommen und am Schluss eine saftige Rechnung für Zoll und EUST mitgenommen? Das ist Frust pur und lässt so manche Sendung wieder zurückgehen.
Wird die Ware in GB oder CH mit dem Paketdienst oder der Swisspost geliefert, kassiert der Bote neben den Fiskalabgaben noch Verzollungsgebühren ab. Das kann die Freude an der bestellten Ware massiv trüben. Denn gerade bei teuren Käufen wird einmalig Geld für bestimmte Artikel ausgegeben, was im Kaufmoment in Ordnung war. Kommt nun aber nochmals ein zusätzlicher Aufschlag dazu, ist das kontraproduktiv.
In meiner Firma haben wir während unserer jahrelangen Erfahrung – gerade im Hochpreismarkt – festgestellt, dass Kunden das sehr schätzen, v. a. auch aus dem Grund, da es EU-Kunden ja auch angeboten wird. Sehr viele Versandhändler, die umgestellt haben, erleben einen massiven Boom. Und sie heben sich vom Wettbewerb ab. Auch das verhindert unnötige Retouren und bindet Kunden auf lange Sicht. Der Kauf fühlt sich an wie ein Inlandskauf.
Tipp:
In Ihren regulären Preisen sind 19 % Umsatzsteuer enthalten, diese bekommen Sie zurück. In Großbritannien sind es 20 % in der Schweiz lediglich 7,7 %. Für Lieferungen in die Schweiz erwirtschaften Sie sogar 11,3 % zusätzlich. Zölle müssen jedoch beachtet werden!
Wichtig:
Weisen Sie die Umsatzsteuer des Bestimmungslands auf Ihrer Rechnung aus. Jedoch in der Rechnungszeile (CH / GB Umsatzsteuer gemäß Auslage 7,7 % / 20 %) und nicht dort, wo Sie die deutsche Umsatzsteuer ausweisen. Ein findiger deutscher Steuerprüfer könnte diese Beträge sonst als Umsatzsteuer einfordern.
Prüfen Sie die Steuerpflicht im Empfangsland. Ähnlich wie die Schwellenwerte der EU-Staaten, haben auch Großbritannien und die Schweiz Schwellenwerte (in der Schweiz ab 100.000 CHF Umsatz bei Kleinsendungen / GB ab der ersten Sendung unter 135 GBP-Kleinsendungen).
Danach müssen Sie sich umsatzsteuerlich eingliedern. Die Behörden haben hierfür Informationsbroschüren auf den Homepages der Zoll- und Steueradministrationen. Dies verursacht zusätzliche Kosten, bringt aber gerade im Bereich DDP-Lieferungen und Rückwarenabwicklung enorme Vorteile.
Ich frage Kunden stets, wann sie das letzte Mal ein Paket an sich selbst versendet haben. Nur so können Sie prüfen, in welchem Zustand die Sendung beim Endkunden ankommt. Die Qualität des Verpackungsmaterials – einlagige Kartonverpackungen haben gemeinhin ihre physikalischen Grenzen – und die des Dienstleisters. Wer kennt nicht die finstere Gestalt an der Haustür, die sich schlussendlich als Paketbote eines Billiganbieters herausstellt. Bei meinem Boten sagt mir das Paket sogar noch, welche Zigarettenmarke er im Fahrzeug auf Kette raucht.
Senden Sie die Pakete an die Kunden, wird jedes Paket auch einzeln verzollt, das geht in KEP-Systemen i. d. R. nicht anders.
Praxiserfahrung:
Die Logistik organisiert den Versand von Paketen als Einzelstücke an unser Lager an der CH-Grenze oder in NL. Bitte vergessen Sie nicht, Warenwerte über 3.000 Euro vorab beim Binnenzollamt anzumelden. Die 24h-Wartefrist kann mit einem Antrag zur vereinfachte Zollanmeldung (Art. 166 UZK) umgangen werden. Der Antrag ist innerhalb eines Tages gestellt.
Tipp:
Sammeln Sie kleine Pakete und senden Sie diese in einem größeren Umkarton innerhalb der Gewichts- und Abmessungsgrenzen des KEP-Dienstleisters an das Sammellager und sparen Sie zusätzlich Versandkosten.
Die Pakete gehen aus dem Zwischenlager als eine Bulk-Sendung über die Grenze. Dafür wird in der Buchhaltung eine Sammelrechnung an eine Fiskaladresse im Drittland ausgestellt. Somit haben wir lediglich eine Ausfuhr – hinter der eine unbestimmte Zahl an Bestellvorgängen steht und klar zugeordnet werden kann – und nur eine Einfuhr nach GB oder in die Schweiz. Das senkt die Verzollungskosten für Kleinsendungen enorm.
Sie haben einen Ausgangsnachweis für die ganze Sendung komprimiert auf einem AGV pro Tag. Beim Versand über einen KEP-Dienstleister ab Ihrem Lager müssen Sie pro Paket eine Ausfuhr erstellen oder bekommen für Sendungen unter 1.000 Euro einen Nachweis in der Sammelrechnung des Paketdienstes oder müssen diese teilweise einzeln anfordern.
Umsatzsteuerrechtliche Erfassung
Mit einer umsatzsteuerrechtlichen Erfassung können Sie gewerblichen Abnehmern im Empfangsland eine Rechnung erstellen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt. Zölle gehen komplett zu Ihren Lasten. Bitte beachten Sie, dass Sie in der Schweiz größtenteils Gewichtszölle haben, in GB den bekannten Wertzoll.
Mit Ursprungserklärungen auf der Rechnung können Sie bei präferenzberechtigter Ware zollfrei importieren. In die Schweiz mit einer Rechnungserklärung und ab 6.000 Euro / 10.300 CHF ein EUR 1, nach GB mit einer Erklärung REX (EUR 1 und Rechnungserklärungen sind im Abkommen nicht vorgesehen).
Bei der Einfuhr entstandene Abgaben werden Ihnen als Exporteur belastet, im Gegenzug können Sie mit dem Ausgangsvermerk die deutsche Umsatzsteuerfreiheit nachweisen. Da in Ihren VK-Preisen im Shop die deutsche Umsatzsteuer inbegriffen war, wurde dieser Betrag vom Kunden bereits an Sie bezahlt.
Anteilige Kosten für die Verzollung
Die anteiligen Kosten für die Verzollung müssen in die belasteten Auslandsfrachten eingerechnet werden. Dazu gehört auch die Überfuhr vom Lager DE bzw. NL zur nächsten Hauptumschlagbasis (HUB) des nationalen Paketdienstleisters im Empfangsland der Ware. Die Ware ist jetzt auf Ihre Fiskaladresse verzollt, und Sie haben den Status einer vorsteuerabzugsberechtigten Firma, das ist später noch von Bedeutung. Wurde die Sendung von einem Paketdienstleister direkt auf den Endkunden abgefertigt, so ist die Umsatzsteuer erst einmal verloren, da der Endverbraucher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Behält der Kunde seine Bestellung, ist das kein Problem. Die Sendung wird an den Empfänger ausgeliefert.
Fazit
Wir haben Kunden mit einer Retouren-Quote über 75 %. Bestellt meine Tochter Hannah jeweils ein braunes und schwarzes Paar Schuhe in zwei Größen, so sponsert der Papa maximal ein Paar.
Das ist also keine Seltenheit. In der Schweiz muss der Kunde die Ware selbst bis zum Retourenlager zurücksenden, hier ist eine klare Angabe der Adresse notwendig. Viele Versender haben auch ein Online-Formular, das vorab ausgefüllt werden muss. In GB gibt es Retouren-Label. Wir persönlich finden es kontraproduktiv, bereits von Beginn an solche Label in die Sendung zu legen. Das verstärkt den Drang zur Rückgabe.
In unserem Retourenlager in der Schweiz (Großbritannien ist noch in Planung) werden die Rückläufer nach Vorgabe geprüft. Das kann eine reine Annahme sein, aber auch eine vertiefte Prüfung. Durch eine Freigabe noch vor Ort, können zeitliche Auflagen für das Verbuchen von großen Online-Anbietern erfüllt werden, ohne die Ware schon physisch im Lager zu haben. Sollte Ihr Warensortiment über nur wenige Artikel verfügen, ist ein Wiederversand innerhalb der Schweiz oder GB kein Problem.
Bulksendungen
Je nach Kundenwunsch gehen die Retouren einzeln oder als gesammelte Bulk-Sendung zurück. Wurden diese über die Fiskaladresse eingeführt, so reicht eine Sammelrechnung nach DE aus. Mit der Ausfuhr aus CH / GB ist der Betrag der Sammelrechnung umsatzsteuerfrei. Die Erstattung von Zöllen muss beantragt werden. Auf Endkunden direkt versteuerte Ware muss mit Antrag und pro Einzelsendung beantragt werden (Kosten ab 22,- CHF pro Antrag).
Bei der Wiedereinfuhr nach Deutschland greift die Rückwarenregelung. Wenn die Ware in unverändertem Zustand und innerhalb von drei Jahren nach der Ausfuhr zurückkommt und der Nachweis durch die vorgelegten Unterlagen (AGV, Rechnungen, Lieferscheine) erbracht wird, kann die Rückware zoll- und steuerfrei importiert werden.
Hier schließt sich dann der Kreis, indem wir die beim Export bereits vorgenommenen Querverbindungen zwischen den Ausfuhrdokumenten und Handelsrechnungen nun lückenlos als Nachweis vorlegen können.
Werden hingegen Pakete vom Endkunden direkt nach Deutschland zurückgesendet, entstehen Kosten für die Verzollung jedes Pakets, Zölle und Steuern. In beiden Fällen sind die Waren wieder im freien Verkehr und können erneut versendet werden. Bestehende präferenzielle Ursprünge bleiben bestehen.
Der Autor
Volker Struppek ist Diplom-Zolldeklarant und CEO der CREST C.C.T. GmbH, Weil am Rhein. Die Firma hat Sparten im Bereich Zollberatung, Zollagentur und ist Online-Händler mit internationalen Logistikstrukturen. Er ist auch als Honorardozent für Zollwesen und zertifizierter Incoterms® Trainer tätig.