EXPORTKONTROLLE
Das IT-Verfahren ATLAS in der Praxis
Text: Kerstin Velhorst | Foto (Header): © Pixel-Shot – stock.adobe.com
Anregungen zum sicheren Umgang
Die Verwendung des IT-Verfahrens ATLAS unterliegt genauen Regelungen und
Vorgaben des Gesetzgebers. Um die Daten bei der praktischen Anwendung richtig eingeben zu können, sollten sich Benutzerinnen und Benutzer zunächst einige grundsätzlichen Bestimmungen ins Gedächtnis rufen, die für Ausfuhrverfahren gelten. Dieser Beitrag gibt außerdem Praxistipps für die Umsetzung im IT-Verfahren ATLAS.
Auszug aus:
Zoll.Export
Ausgabe Juni 2021
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Knapp zusammengefasst
Die Abkürzung ATLAS steht für „Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem“. Dabei handelt es sich um ein Kürzel aus der deutschen Sprache und keine englische Abkürzung. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Begriff nicht übergreifend in allen EU-Staaten gilt, auch nicht zwangsläufig in anderen deutschsprachigen Ländern.
In der Europäischen Union (EU) gilt ein nahezu einheitliches Zollrecht, aber kein einheitliches Steuerrecht. Das Zollrecht basiert auf dem Zollkodex der Union, kurz UZK. In diesem Zollkodex und in den dazugehörigen Durchführungsverordnungen sind die Grundlagen gesetzlich festgehalten. Und diese gelten für alle 27 EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen. Den genauen Wortlaut dieser Gesetze und Durchführungsverordnungen können Sie auf den Seiten des Zolls herunterladen.
Darüber hinaus hat der Zoll weitere wichtige Hinweise bei den Teilnehmerinformationen hinterlegt. Hierbei ist die Aktualität dieser Daten ist von großer Bedeutung, da der Zoll immer wieder Anpassungen und Aktualisierungen vornimmt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, welcher zum 01.01.2021 erfolgte. Ende April billigte das Europäische Parlament dann das Handels- und Kooperationsabkommen, das damit zum 01.05.2021 in Kraft treten konnte. Als Folge daraus müssen Importeure Warenlieferungen in das Vereinigte Königreich nun zollrechtlich anmelden.
Details zu diesem Sachverhalt sowie weitergehende Informationen zur Abwicklung gibt der Zoll in Fachbeiträgen und bei den Teilnehmerinformationen bekannt. Ebenso finden sich zahlreiche Merkblätter und Handbücher auf diesem Angebot der Zollverwaltung, die die Eingaben im IT-Verfahren ATLAS beschreiben und somit erleichtern.
Der Einsatz von ATLAS – Vorüberlegungen
Bevor Ihr Unternehmen mit dem IT-Verfahren ATLAS arbeiten können, sollten Sie sich über die Rechtmäßigkeit der Verwendung im Klaren sein. Dabei steht an erster Stelle die Frage, ob eine Ware gemäß den geltenden Vorschriften überhaupt ausgeliefert werden darf. Daher sollten Sie die Ausfuhrkontrolle sollte bereits bei Vertragsabschluss klären. In manchen Fällen, z. B. bei Geschäften mit dem Iran oder der Russischen Föderation, ist es möglich, dass bereits bei Vertragsabschluss Genehmigungspflichten greifen.
An den folgenden vier Fragen können Sie sich entlanghangeln um eine eventuell bestehende Genehmigungspflicht zu ermitteln:
- Ist die Ware genehmigungspflichtig, weil sie z. B. auf einer der Güterlisten genannt ist?
- Steht der Kunde oder Empfänger auf der Sanktionsliste oder ist er in Zusammenhang mit militärischen / polizeilichen Einrichtungen zu sehen?
- Geht die Ware in ein Embargoland und ist sie im Embargo gelistet?
- Welchen Zweck verfolgt der Empfänger mit der Ware? Eine militärische Verwendung würde eine Genehmigungspflicht nach sich ziehen.
Wenn Sie eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten müssen, besteht i. d. R. die Pflicht, dass Sie eine Genehmigung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einholen.
Bestimmungen bei der Zahlung
Soll die Bezahlung eines Exportgeschäfts über ein Dokumentenakkreditiv abgesichert werden, müssen Sie unbedingt die Fristen und Bedingungen dieses Bankgeschäfts prüfen. Dadurch gibt es einiges zu beachten, bevor es an die Benutzung des IT-Verfahrens ATLAS geht. Denn die Eingabe der Daten in das elektronische Antragsverfahren ist dann nur noch das Zusammenstellen der Informationen für die Zollverwaltung.
Art der Ausfuhr-/ Einfuhrverfahren
Der nächste Aspekt, den ich Ihnen erklären möchte, ist die Frage nach der Wahl des Verfahrens. Diesbezüglich bietet der Gesetzgeber eine Vielzahl von Möglichkeiten an, sowohl für die Einfuhr als auch für die Ausfuhr. Hierbei sollte der Wirtschaftsbeteiligte sollte das Verfahren wählen, welches für seinen konkreten Fall am meisten Sinn ergibt bzw. welches er aus rechtlicher Sicht überhaupt wählen darf. Denn einige der Verfahren bedürfen der vorherigen Bewilligung durch das zuständige Hauptzollamt.
Voraussetzungen für die Teilnahme an ATLAS
Bevor Unternehmen nun am IT-Verfahren ATLAS teilnehmen können, müssen sie ein paar grundlegende Voraussetzungen schaffen. Zunächst benötigt das Unternehmen eine sog. EORI-Nummer, eine „Economic Operator’s Registration and Identification Number“. Das ist eine Nummer zur Registrierung und Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten. Diese Nummer muss des Unternehmen mit der ersten Ausfuhr beantragen. Diese gilt dann für die Dauer der Firmenexistenz, sofern sie nicht früher zurückgegeben wird. Ferner benötigt das Unternehmen eine zertifizierte Software mit Zugang zum Zollserver. Diese kann die kostenlos zur Verfügung gestellte IAA Plus, die Internetzollanmeldung Plus der Zollverwaltung, sein oder eine kostenpflichtige Softwarelösung eines Anbieters. Diese sind oftmals mit der hausinternen Warenwirtschaft verknüpfbar und können somit zusätzliche und mühsame Dateneingaben vermeiden helfen.
Die Softwarehäuser am Markt übernehmen gegen Gebühr das Einrichten und Verknüpfen der Software. Welche Variante nun die bessere Lösung ist, muss ein Unternehmen aufgrund von Verfahrensaufkommen intern entscheiden.
Wie läuft ein Ausfuhrverfahren ab?
Bei der Ausfuhr wird in den meisten Fällen Ware verkauft, die auch nicht wieder zurückgeführt wird. Dieses Geschäft wird im zweistufigen Normalverfahren durchgeführt, welches im unten stehenden Schaubild dargestellt ist.
Dateneingabe und Auswahl des Verfahrens
Zunächst gibt der Ausführer die Daten der Transaktion in die Datenfelder des IT-Verfahrens ATLAS ein. Die Grundform der Ausfuhranmeldung, also die Ausfuhr zum zweistufigen Verfahren ohne irgendwelche Vereinfachungen, wird über den Eintrag „Anmart (Verfahr./Überführ.): AM/a“ codiert.
Viele dieser Eingabecodierungen sind hardcodiert, also vorgegeben, und somit nicht änderbar. Die Auswahl der Codes steuert dabei die Ausfuhr. Das bedeutet, dass der Ausführer darüber eine vollständige oder unvollständige Ausfuhranmeldung auswählen kann. Alternativ ist auch eine Lieferung im vereinfachten Verfahren SDE nach Art. 166 Abs. 2 des UZK möglich. Ebenso eine Kleinsendung mit einem Wert unter 3.000 Euro im einstufigen Verfahren.
Codes
Die gängigsten Codes erläutert diese nachfolgende Auflistung:
AM/a – vollständige Ausfuhranmeldung zum zweistufigen Normalverfahren (Art. 166 Abs. 1 UZK); dieses Verfahren stellt die Urform der Ausfuhranmeldung dar. Die folgenden Möglichkeiten sind Abweichungen, die der Gesetzgeber anbietet. Sie können entsprechend dem Geschäftsvorfall, Umfang der internationalen Geschäftstätigkeit und damit verbundenen möglichen und vorhandenen Bewilligungen genutzt werden.
AM/c – vollständige Ausfuhranmeldung zum zweitstufigen Normalverfahren mit An trag auf Gestellung außerhalb des Amtsplatzes nach § 12 (4) AWV (Art. 163 UZK).
AM/e – vollständige Ausfuhranmeldung zum zweitstufigen Vereinfachten Verfahren SDE – Ausfuhr (Art. 166 Abs. 2 UZK).
AM/g – vollständige Ausfuhranmeldung zum einstufigen Verfahren bei geringem Wert (Art. 221 Abs. 2 UZK-IA).
AM/f – unvollständige Ausfuhranmeldung zum zweistufigen Vereinfachten Verfahren SDE – Ausfuhr (Art. 166 Abs. 1 und 2). nA/a – nachträgliche Ausfuhranmeldung (Art. 337 Abs. 1 UZK-IA).
Verfahren
Diese Möglichkeiten stellen nur eine kleine Auswahl dar. Welches Verfahren Sie wählen sollten, entscheidet sich am zugrunde liegenden Geschäft und den vorhandenen Möglichkeiten.
Das Verfahren AM/e – vollständige Ausfuhranmeldung zum zweitstufigen Vereinfachten Verfahren SDE – Ausfuhr (Art. 166 Abs. 2 UZK) – bedarf der vorherigen Bewilligung und der Beteiligte muss es beim zuständigen Hauptzollamt beantragen. Vor dem Inkrafttreten des UZK im Jahr 2016 lief dieses Verfahren unter dem Begriff „Zugelassener Ausführer“. Verfügt der Betrieb über keine entsprechende Bewilligung, kann er dieses vereinfachte Verfahren nicht nutzen.
Das Verfahren AM/c
Ein oft gewähltes Verfahren ist das AM/c – vollständige Ausfuhranmeldung zum zweitstufigen Normalverfahren mit Antrag auf Gestellung außerhalb des Amtsplatzes nach § 12 (4) AWV (Art. 163 UZK). Hierbei muss der Ausführer die Waren nicht zur zuständigen Ausfuhrzollstelle bringen und dort vor Ort gestellen, sondern „lädt“ die Zollverwaltung zur Beschau in das eigene Lager, die Fertigungsstätte, das Büro oder einen anderen Ort, an dem die Waren verladen werden, ein.
Im Antrag zur Ausfuhr zeigt die Auswahl AM/c weitere Pflichtfelder an. Diese geben Auskunft, wann und wo die Verladung der Waren stattfinden soll. In diesem Zeitraum erhält die Zollverwaltung die Möglichkeit, eine Überprüfung des geplanten Exports vorzunehmen.
Achtung: Halten Sie diese Gestellungsfrist in jedem Fall ein und vermeiden Sie unbedingt die vorherige Verladung. Sollten die Zollbeamten nicht von der Option Gebrauch machen und die Gestellungsfrist läuft ab, wird die Überlassung der Waren und das Ausfuhrbegleitdokument i. d. R. umgehend übermittelt.
Die Relevanz der Gestellung
Hinweis: Der Ausführer hat die Pflicht der Gestellung, die Zollverwaltung die Option der Beschau. Nichtsdestotrotz muss die Gestellungsfrist unbedingt eingehalten werden. Eine vorzeitige Verladung ist mit dem Entzug der Ware aus einer Zollaufsicht gleichzusetzen.
Diese Option vermeidet außerdem unnötige und u. U. kostspielige Fahrten zum Zollamt. Denn je nach Lage des Zollamts ist es nicht erfreulich, eine z. B. tonnenschwere und vielleicht gefährliche Fracht in eine denkmalgeschützte Innenstadt zu transportieren, um dann nach stundenlangem Warten weiterzufahren. Oft lassen sich die Gestellungsfristen gut in den unternehmensinternen Ablauf integrieren. Bei einer Kleinsendung mit einem Wert unter 3.000 Euro werden die Daten direkt an die Ausgangszollstelle gesendet.
Hinweis: Bitte beachten Sie je nach Ausfuhrverfahren die geänderten Pflichtfelder!
Die Ausfuhranmeldung spiegelt das Exportgeschäft wider. Viele Details des Vertrags wie beispielsweise Angaben zu Ausführer, Empfänger, Art des Geschäfts (z. B. Verkauf, Rücksendung, kostenlose Lieferung), Lieferbedingung mit den Incoterms®, Rechnungspreis, Ladeorte, eventuelle Bewilligungen, Warentarifnummern und Antworten zu Genehmigungsfragen gehören dazu und finden sich in diesen Verträgen wieder.
Kopf- und Positionsdaten ?
Die Eingaben sind in Kopf- und Positionsdaten getrennt. Kopfdaten sind allgemeiner Natur und gelten für den gesamten Antrag. Die Positionsdaten sind hingegen Informationen rund um die einzelne tatsächliche Ware. Hier werden codierte Angaben zu Genehmigungsfragen eingetragen. All diese Details sind abhängig von der Warentarifnummer. Wichtig ist zu wissen: Gelten positionsbezogene Daten für die gesamte Ausfuhr, so sind diese auf Kopfebene einzutragen.
Die Warentarifnummer
Als nächsten Punkt schauen wir uns die Warentarifnummer an. Denn diese ist der Dreh- und Angelpunkt für eine Zollanmeldung. An ihr hängen Verbote und Beschränkungen, Importzoll- und Steuersätze, Ein- und Ausfuhrkontrolle sowie die Präferenzregeln.
Die Warentarifnummer (WTN) reiht eine Ware in eine Nomenklatur ein, die auf dem sog. Harmonisierten System (HS) der Weltzollorganisation basiert. Nahezu alle Zollverwaltungen verwenden das HS. So ist ein weltweites Erkennen der Ware anhand dieser Nummer möglich. Der HSCode besteht aus den ersten sechs Ziffern der WTN. In Deutschland ist diese WTN für den Export 8-stellig, für den Import 11-stellig. Die Nummerierung ab der 7. Stelle kann je nach Land unterschiedlich sein.
Hinweis: Andere Zollverwaltungen haben eine andere Nomenklatur, die 10-stellig oder auch 12-stellig sein kann.
Bei der Verwendung des IT-Verfahrens ATLAS kommen nun die zollrechtlichen Bedingungen und handelsüblichen Belange zusammen. Eine Herausforderung an die Dateneingabe kann schon das korrekte Anlegen der Packstücke sein. Legen Sie zusammengepackte Waren unter der Funktion „Beipack“ an.
Fazit
Die korrekte Umsetzung einer Ausfuhranmeldung ist komplex und entspricht quasi einer Steueranmeldung für Ihre Waren. Deshalb ist sie mit größter Sorgfalt auszufüllen und erfordert fundiertes Wissen über die aktuellen Bestimmungen bei der Ein- und Ausfuhr. Bleiben Sie fachlich also auf dem neuesten Stand, damit Sie das IT-Verfahren ATLAS zu Ihren Gunsten nutzen können. Änderungen sind hier an der Tagesordnung und müssen proaktiv umgesetzt werden.
Auszug aus: Velhorst, Kerstin: Das IT-Verfahren ATLAS in der Praxis. In: ZOLL.EXPORT, Juni 2021, S. 20–23.
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Der Autor
Kerstin Velhorst ist selbstständige Dozentin und Fachbuchautorin. Sie hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung im Import und Export in unterschiedlichen Branchen. Dies bildet die Basis für fundierte Kenntnisse im Bereich Zollabwicklung, Warenursprung und Präferenzen, Ausfuhrkontrolle sowie der Abwic