EXPORTKONTROLLE
Lieferantenerklärungen nach dem Brexit
Text: Dipl.-Kfm. Stefan Schuchardt | Foto (Header): © Siwakorn – stock.adobe.com
Das hat sich geändert
Nach langem Ringen wurde uns am Heiligabend doch noch ein Freihandelsabkommen unter den Weihnachtsbaum gelegt, mit dem wir uns nachfolgend intensiver beschäftigen wollen. Im Folgenden sollen die Auswirkungen des Brexit auf den Bereich „Warenursprung und Präferenzen“ betrachtet werden.
Auszug aus:
Zoll.Export
Ausgabe Februar 2021
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Knapp zusammengefasst
Es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte getrennt voneinander zu betrachten:
- Zum einen geht es um den Handel der verbliebenen EU-Mitgliedstaaten (EU27) mit den Partnerstaaten, mit denen die EU sog. „Präferenzabkommen“ unterhält. Aus dieser Perspektive haben sämtliche im Vereinigten Königreich erbrachten Vorleistungen in der Nacht vom 31.12.2020 zum 01.01.2021 ihren Präferenzursprung verloren. Folglich müssen sämtliche Erzeugnisse, Vormaterialien oder jeder Be- oder Verarbeitungsvorgang für die Bestimmung des präferenziellen Ursprungs einer Ware als „nicht Ursprungserzeugnis/-komponente“ betrachtet werden.
- Zum anderen geht es um Erzeugnisse, welche nach dem 01.01.2021 nach den im neuen Handels- und Kooperationsabkommen genannten Bedingungen zwischen der EU27 und dem Vereinigten Königreich geliefert werden.
Präferenzursprungswaren aus dem Vereinigten Königreich
Präferenzursprungswaren aus dem Vereinigten Königreich haben zum 31.12.2020 den Präferenzursprung für den präferenziellen Warenverkehr mit anderen Partnerstaaten der EU verloren (gilt auch für Nordirland). Das bedeutet beispielsweise, dass sämtliche Lieferantenerklärungen, die vor dem 01.01.2021 im Vereinigten Königreich ausgefertigt wurden, automatisch ihre Gültigkeit verloren haben.
Wurden diese hingegen in den EU27-Mitgliedstaaten ausgefertigt, so sind die jeweiligen Lieferanten dazu verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren, wenn die von ihnen ausgefertigte Lieferantenerklärung für die gelieferte Ware aufgrund von maßgeblichen Anteilen von GB-Erzeugnissen seit dem 01.01.2021 nicht mehr gültig ist (Präferenzkalkulationen prüfen).
Ermächtigte bzw. registrierte Ausführer müssen in ihren Ursprungskalkulationen sicherstellen, dass UK-Ursprungszeugnisse ab dem 01.01.2021 nicht mehr als EU-Ursprungskomponenten berücksichtigt werden
Erzeugnisse, die nach den Bedingungen des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU27 und dem Vereinigten Königreich geliefert werden
Das Handels- und Kooperationsabkommen ist mit dem 01.01.2021 vorläufig in Kraft getreten. Die präferenziellen Ursprungs- und Verfahrensregeln orientieren sich weitgehend an denen des Freihandelsabkommens der EU mit Japan (EU-Japan-EPA), wenngleich das Handels- und Kooperationsabkommen aus Sicht des Verfassers in der Praxis besser handhabbar ist als das Abkommen mit Japan. Als Nachweis der Präferenzursprungseigenschaft im Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich wird die „Erklärung zum Ursprung“ (EzU) verwendet.
Ausführer aus der Europäischen Union können die oben stehende Erklärung bis 6.000 Euro ohne Angabe einer Referenznummer abgeben. Sobald der Wert der Ursprungserzeugnisse in einer Sendung 6.000 Euro überschreitet, ist die REX-Nummer in der EzU anzugeben. Ausführer aus dem Vereinigten Königreich geben hierfür unabhängig von Wertgrenzen die EORI-Nummer an. Als Ursprungsangabe können je nach Verkehrsrichtung eingetragen werden: „Vereinigtes Königreich“ oder „Europäische Union“. Die Angaben zu Ort und Datum dürfen entfallen, wenn sie in dem Papier selbst enthalten sind.
Das Problem ist nun: Bevor eine Erklärung zum Ursprung für ein bestimmtes Erzeugnis ausgefertigt werden kann, müssen u. U. entsprechende Lieferantenerklärungen für die eingeflossenen Vormaterialien vorliegen. Damit wäre folglich die Ausfertigung einer Erklärung zum Ursprung ohne Lieferantenerklärungen oft nicht möglich.
Dieses Problem wurde durch Artikel 1 der DVO (EU) 2020/2254 vom 31.12.2020 dahingehend gelöst, dass es bis zum 31.12.2021 zulässig ist, Erklärungen zum Ursprung auch ohne vorliegende Lieferantenerklärungen der Vorlieferanten abgeben. Die Lieferantenerklärungen müssen nachträglich vorgelegt werden.
Achtung: Hat der Ausführer diese Lieferantenerklärungen bis zum 31.01.2022 nicht in seinem Besitz, so muss er dem Einführer dies spätestens am 31.01.2022 mitteilen. Im Bereich des nichtpräferenziellen Ursprungs („Ursprungszeugnisse“) darf für Waren mit Ursprung im „Vereinigten Königreich“ seit dem 01.01.2021 der Zusatz „Europäische Union“ nicht mehr genannt werden. Stattdessen ist der nationale Ursprung „United Kingdom“ bzw. der dem United Kingdom zugeordnete Iso-Alpha-2 Code „GB“ zu verwenden.
Der Nachweis der Ursprungseigenschaft erfolgt grundsätzlich wie für Drittlandserzeugnisse üblich, beispielsweise mit Ursprungszeugnis, sonstiges Geschäftspapier mit Ursprungsanagabe oder Erklärung-IHK für den nichtpräferenziellen Ursprung – jeweils von einer zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen berechtigten Stelle bestätigt. Sonderregelungen sind für ein Jahr in Abstimmung mit der zuständigen IHK möglich.
Auch aus exportkontrollrechtlicher Sicht gilt das Vereinigte Königreich seit dem 01.01.2021 als Drittland, wenngleich auch hier Sonderregelungen für Nordirland bestehen. Der Unterschied zur Regelung bis zum 31.12.2020 ist jedoch, dass es sich bei der Lieferung von Gütern in das Vereinigte Königreich nun nicht mehr um innergemeinschaftliche Verbringungen, sondern um Ausfuhren handelt. In der Folge entstehen diverse neue Genehmigungspflichten – aber auch Verfahrenserleichterungen.
Auszug aus: Schuchardt, Stefan: Zoll und Außenwirtschaft 2021: Die wichtigsten Änderungen zum Jahreswechsel. In: ZOLL.EXPORT, Februar 2021, S. 8–14.
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Der Autor
Dipl.-Kfm. Stefan Schuchardt ist Inhaber der auf Export und Zoll spezialisierten Beratungsfirma Contradius. Er verfügt über Exporterfahrung in über 30 Ländern und langjährige Führungspraxis im internationalen Investitionsgütergeschäft. Seine praktische und beratende Tätigkeit wird durch bundesweite Exportseminare in namhaften Unternehmen sowie bei IHKs und in Verbänden abgerundet.