Beitrag Exportfinanzierung mit staatlichen Exportkreditversicherungen: Finanzierungsmöglichkeiten als Vertriebsargument - zoll-export.de
EXPORT- UND ZOLLPRAXIS KOMPAKT

Exportfinanzierung mit staatlichen Exportkreditversicherungen

Finanzierungsmöglichkeiten als Vertriebsargument

Text: Chiara-Felicitas Otto, Hanna Zoé Poß | Foto (Header): © New World Arts – stock.adobe.com

Zahlreiche Exporte – v. a. in „exotische Länder“ – scheitern an der mangelnden Finanzkraft durch den Importeur. Lokale Finanzierungen sind teuer, bürokratische Hürden oftmals hoch. Dabei können vom Exporteur arrangierte Finanzierungslösungen ein vertriebliches Schlüsselargument sein. In den letzten Monaten gab es einige Änderungen am OECD-Konsensus (dem Regelwerk der staatlichen Exportkreditversicherungen), die Auswirkungen auf die Deckungspraxis und somit auf Exportfinanzierungen durch internationale Banken haben.

Auszug aus:

Zoll.Export
Ausgabe Juni 2024
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Exporteure, nicht nur aus Deutschland, stoßen im außereuropäischen Ausland immer wieder auf ein großes Hindernis: die Finanzierbarkeit. Vor allem in „exotischeren“ Ländern, in denen das lokale Zinsniveau hoch liegt und die Verschuldung bei Lokalbanken eine signifikante Hürde für potenzielle Importeure darstellt, ist die Finanzierbarkeit nicht selten der Knackpunkt eines Exportprojekts. Egal, wie wichtig die Beschaffung ist: Ist sie nicht finanzierbar, wird der Exportvertrag nicht zur Unterschrift gelangen. Exporteure, v. a. aus den OECD-Ländern, haben jedoch ein wirksames Instrument in der Hand, welches sie vertrieblich einsetzen könnten: die staatlichen Exportkreditversicherungen ihres Landes und verschiedene Deckungsprogramme, die Exporte absichern und damit finanzierbar machen. So lassen sich Exportprojekte auch in Ländern mit schwieriger Jurisdiktion realisieren. Dafür gibt es zwei bedeutende Instrumente: den gedeckten Lieferantenkredit (d.h. verlängertes Zahlungsziel als „Quasi Kredit“ an den Importeur) und den Bestellerkredit, bei dem eine Finanzkreditdeckung an eine kreditgebende Bank vergeben wird (die dem Importeur im Ausland eine Finanzierung anbietet). Beide Instrumente werden im Zuge dieses Artikels dargestellt.

 

Exportkreditversicherungen

Staatliche Exportfinanzierungen (Export Credit Agencies, ECAs) haben – wie der Name bereits impliziert – einen staatlichen Förderauftrag. Durch die Absicherung über ECAs können Exporteure ein höheres Risiko eingehen, ohne im Schadensfall das komplette Risiko tragen zu müssen. Importeure haben zudem die Option, Finanzierungen für bereits gelieferte Güter oder erbrachte Leistungen unter Abtretung der Sicherheitsansprüche der gewährten Deckung zu erhalten. ECAs tragen somit erheblich zur Erschließung neuer Märkte von inländischen Exporteuren bei, reduzieren die Risiken für Exporteure und schaffen Finanzierungsmöglichkeiten für Importeure (durch die Deckung von Finanzkrediten). Sie spielen primär dann eine Rolle, wenn das mit dem Export verbundene Zahlungsrisiko für eine der Parteien nicht tragbar erscheint, was besonders häufig bei Exporten in Entwicklungs- und Schwellenländern der Fall ist.

Das Übereinkommen „OECD-Konsensus“ – das zentrale Regelwerk für staatliche Exportfinanzierung – wurde 1978 ins Leben gerufen und baut auf einem im Jahre 1976 vereinbarten Konsens über Exportkredite auf. Es handelt sich nicht um einen OECD-Rechtsakt und basiert auf der Freiwilligkeit der teilnehmenden Staaten. Das Übereinkommen gilt zurzeit für die ECAs aus folgenden Staaten: Australien, Kanada, Europäische Union, Japan, Korea, Neuseeland, Norwegen, Schweiz, Türkei, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten. Es regelt die ordnungsgemäße Verwendung öffentlich unterstützter Exportkredite.

Im April 2023 veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Leitlinien der Modernisierung des OECD-Konsensus für die Exportfinanzierung. Die Modernisierung selbst trat am 15.07.2023 in Kraft. Das Ziel besteht in der Sicherung und Schaffung von gleichen Wettbewerbsbedingungen zwischen Exporteuren verschiedener Länder. Die Änderungen betreffen v. a. Rückzahlungsbedingungen, Mindestprämiensätze und Mindestzinssätze sowie Vorschriften zum Austausch von Informationen zwischen den ECAs der Staaten.

 

Änderungen

Die Änderungen des modernisierten Konsensus sollen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und klimagerechteren Ausrichtung deutscher und europäischer Exporteure beitragen. Sie fokussieren eine klimagerechtere Ausrichtung für Exportgeschäfte, die mit staatlichen Garantien abgesichert werden. Es sollen sowohl verbesserte Rahmenbedingungen für die europäische Exportwirtschaft (klimafreundlichen Technologien) geschaffen als auch gleiche Wettbewerbsbedingungen (Level Playing Field) sichergestellt werden, um einen ungewollten Subventionswettlauf zu verhindern. Somit sollen die neuen Leitlinien Anreize für Innovationen und klimafreundliche Technologien setzen, ihre Entwicklung unterstützen und den Export grüner Technologien ins Ausland fördern. Gleichzeitig soll die Finanzierung klimaschädlicher Aktivitäten perspektivisch beendet sowie die multinationale Konkurrenzfähigkeit gestärkt werden.

Folgende Sektoren sind Teil der neuen klimapolitischen Sektorleitlinien:

  • Climate Change Sector Understanding (CCSU)
  • Nuclear Sector Understanding (NSU)
  • Aircraft Sector Understanding (ASU)
  • Ship Sector Understanding (SSU)

Aufgrund der Relevanz für mittelständische Exporteure konzentrieren wir uns im Folgenden nur auf die Erweiterung des Sektorenabkommens zum Klimawandel (CCSU). Mit der Modernisierung des OECD-Konsensus wurde der Anwendungsbereich des CCSU ausgeweitet, ein breiterer Anwendungsbereich von Klimaschutzsektoren aufgenommen sowie die Finanzierungsbedingungen ebendieser flexibler gestaltet. Aufgrund der Vorzugsbedingungen von klimafreundlichen Exportfinanzierungen können modernste und klimafreundliche Technologien bei ihrem Markteintritt zielgerechter unterstützt werden – das sollten Exporteure auch vertrieblich gut nutzen können. Die Anwendungsbereiche von Projekten wurden auf folgende den Klimawandel eindämmende Sektoren ausgeweitet:

  • ökologisch nachhaltige Energieerzeugung
  • CO2-Abscheidung, -Speicherung und -Transport
  • Übertragung, Verteilung und Speicherung von Energie
  • sauberer Wasserstoff und Ammoniak
  • emissionsarme Fertigung
  • emissionsfreier und -armer Verkehr
  • saubere Energieminerale und -erze

Gerade in diesen Branchen gibt es eine Vielzahl deutscher Exporteure, für die diese Änderungen eine wesentliche Erleichterung darstellen werden.

Auswirkungen der Änderungen auf die Deckungspraxis

Mit dem Beschluss der Veränderung der Deckungspraxis gelten für Investitionen in ausgewählten Ländern künftig verbesserte Deckungskonditionen. Dies umfasst den Verzicht auf die Erhebung einer Antragsgebühr, einen reduzierten Selbstbehalt und ein reduziertes Garantieentgelt, wodurch Unternehmen zukünftig noch wirkungsvoller bei der Erschließung neuer Märkte (primär in der Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft) unterstützt werden sollen.

Der modernisierte OECD-Konsensus legt die Basis für die Flexibilisierung der allgemeinen Finanzierungsbedingungen. Die Neuerungen treffen v. a. die Rückzahlungsbedingungen, Mindestentgelt- und Mindestzinssätze – alles Punkte, die ein Exporteur als Pluspunkte gegenüber seinem Kunden im Ausland im Zuge von Verhandlungen über ein mögliches Exportprojekt mit passgenauer Finanzierung verbuchen kann:

  1. Vereinheitlichung und Verlängerung der maximal möglichen Kreditlaufzeiten: Es sind nun grundsätzlich für alle deckungsfähigen Geschäfte Kreditlaufzeiten von bis zu 22 (vorher 15) Jahren möglich – jedoch ist nach wie vor die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Exportguts ausschlaggebend.
  2. Mehr Spielraum bei der Ausgestaltung des Tilgungsprofils: Die Tilgung eines gedeckten Exportkredits muss in gleich hohen, mindestens jährlichen Raten (oder Annuitäten) erfolgen – vormals wurden die Raten obligatorisch halbjährlich in gleicher Höhe getilgt. Zinszahlungen müssen mindestens so häufig geleistet werden, wie Tilgungen erfolgen. Eine abweichende Strukturierung ist sowohl in begründeten Ausnahmefällen als auch bei Projektfinanzierungen möglich – solange sie alle nachfolgenden Kriterien erfüllen:
    – Die mittlere gewogene Kreditlaufzeit beträgt mind. sechs Jahre oder max. 65% (70% bei CCSU) der Kreditlaufzeit.
    – Die erste Rate wird spätestens zwei Jahre (CCSU: drei Jahre) nach Beginn der Kreditlaufzeit gezahlt.
    – Eine einzelne Rate beträgt max. 30 % des Kreditvolumens (CCSU: max. 35%).
    – Zinsen müssen in diesem Fall mindestens jährlich gezahlt werden.
  3. Anpassungen in der Entgeltsystematik: Bei einer Risikolaufzeit von mehr als zehn Jahren kommt – für bestimmte Länder- und Käuferrisiken – ein Abschlag zum Einsatz. Von dieser Entgeltermäßigung sollen v. a. klimafreundliche Geschäfte mit langen Risikolaufzeiten profitieren.

 

Lieferantenkreditdeckung mit Euler Hermes

Absicherungen staatlicher Exportkreditversicherungen sind zentrale Elemente der Außenwirtschaftsförderung vieler Staaten. Exporteure werden gegen politische und/oder wirtschaftlich bedingte Zahlungsausfälle abgesichert. Dadurch wird in vielen Fällen die notwendige Absatzfinanzierung eines Geschäfts ermöglicht (oder eine Refinanzierung durch die Hausbank des Exporteurs). Die Struktur einer solchen Lieferantenkreditdeckung ist in Grafik 1 (siehe Blog-Slider des Magazins) veranschaulicht.

Die Lieferantenkreditdeckung von Euler Hermes richtet sich an deutsche Exporteure, die entsprechende Exportverträge über Lieferungen und Leistungen mit ausländischen Geschäftspartnern (Importeur) abgeschlossen haben. In diesem Fall räumt der Exporteur dem ausländischen Besteller ein stark verlängertes Zahlungsziel ein (Lieferantenkredit) und trägt somit die Zahlungsausfallrisiken über die Laufzeit.

Das Zahlungsziel kann kurzfristig für bis zu zwei Jahre (in erster Linie zur Absicherung der Lieferung von Konsumgütern, Rohstoffen, Halbfertigwaren oder Ersatzteilen) oder mittel- bzw. langfristig ab zwei Jahren primär (Investitionsgüter- und Anlagenbereich) festgelegt werden. Die Selbstbeteiligung bei politischen Risiken liegt bei 5 %, bei wirtschaftlichen Risiken im Regelfall bei 15 %. Normalerweise wird bei Laufzeiten von über drei Jahren das Instrument eines gebundenen Finanzkredits gewählt.

 

Bestellkredit (gebundene Finanzkreditdeckung)

Mit dem Bestellerkredit ist ein Instrument gemeint, bei dem der Importeur einen Finanzkredit eines ausländischen Finanzinstituts erhält, der ihm den Import von Lieferung/Leistung des Exporteurs ermöglicht. Der Kredit ist zweckgebunden und über die „gebundene Finanzkreditdeckung“ wird die finanzierende Bank gegen folgende mögliche Zahlungsausfallszenarien abgesichert:

  • Nichtzahlung innerhalb von einem Monat nach Fälligkeit (protracted default)
  • Insolvenz des Darlehensnehmers
  • staatliche Maßnahmen und kriegerische Ereignisse
  • Nichtkonvertierung/-transferierung von Landeswährungsbeträgen

Grafik 2 (siehe Blog-Slider des Magazins) veranschaulicht die Struktur eines gebundenen Finanzkredits. In diesem Fall beträgt die Selbstbeteiligung für alle Gewährleistungsfälle 5%. Deckungsnehmer (hier die Bank) dürfen das Risiko aus der Selbstbeteiligung nicht anderweitig absichern.

 

Nutzung für den Vertrieb von Exporteuren

Beide Instrumente unterliegen den neuen Sektorleitlinien von Euler Hermes, der deutschen ECA. Hier wurden drei Kategorien für Exportgüter festgelegt:

  1. Grüne Kategorie (besonders förderungswürdige [grüne] Technologien, bspw. Bioenergie, grüner Wasserstoff, Fernwärme & -kältenetze): In dieser Kategorie eingestuften Projekte erhalten in Zukunft erleichterte und attraktivere Deckungskonditionen
  2. Weiße Kategorie: Diese Projekte/Produkte leisten keinen wesentlichen Beitrag zu den Pariser Klimazielen, stehen aber auch nicht im Widerspruch zu einem 1,5-Grad-Ziel, wodurch die Konditionen unverändert bleiben (bspw. Stilllegung fossiler Energieinfrastruktur oder deren Umwandlung in die Nutzung für nicht fossile Energieinfrastruktur).
  3. Rote Kategorie: Diese Projekte/Produkte sind nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar (bspw. Kohlekraftwerke oder Erdölförderung). Für sie gilt ein Deckungsausschluss, sodass Projekte/Exporte und Investitionen nicht mehr durch Exportkredit- bzw. Investitionsgarantien abgesichert werden können.

Somit gelten für Exporteure bzw. Investoren in klimafreundliche Projekte folgende Neuerungen, die im Zuge von Verhandlungen über potenzielle Projekte als Pluspunkte eingebracht werden können:

  • Erhöhung der Deckungsquote bei der Finanzkreditdeckung für die wirtschaftlichen und politischen Risiken von 95 auf 98 %
  • Erhöhung des generell zulässigen Auslandsanteils auf 70 %, wodurch der Exporteur eine größere Flexibilität beim Sourcing und bessere Angebotspreise erhält
  • Verzicht auf die Anzahlungserfordernisse für lokale Kosten (somit höherer bundesgedeckter Anteil an der Gesamtfinanzierung und geringere Kosten für den Kredit)
  • Entfall des Entgeltzuschlags für Lokalwährungen

Diese Neuregelungen bieten den Exporteuren aus OECD-Ländern, v. a. aber aus Deutschland, ein stark überarbeitetes Instrumentarium an, welches vertrieblich eingesetzt werden kann. Wie eingangs beschrieben, ist die Finanzierbarkeit häufig der Knackpunkt für ein erfolgreich realisiertes Exportgeschäft. Wer sich darauf versteht, das dargestellte Instrumentarium einzusetzen und dem Importeur zu einer Finanzierungslösung aus Deutschland (oder einem anderen EU-Land) mit einer ECA-Deckung zu verhelfen, schafft sich somit ein wirkungsvolles Vertriebsinstrument.

Die Autorinnen

Chiara-Felicitas Otto ist Geschäftsführende Gesellschafterin der exficon GmbH, einer Beratungsfirma in Frankfurt am Main, die sich auf die Strukturierung von Export- und Projektfinanzierungen in Entwicklungs- und Schwellenländern spezialisiert hat.

Hannah Zoé Poß ist Junior-Consultant bei der exficon GmbH in Frankfurt am Main.

Kontakt:
E-Mail: info@exficon.de
Webseite: www.exficon.de

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